Wir, Fiete und seine Eltern: Johannes und Anna, leben gemeinsam in Hamburg. Fiete ist 2019 geboren. Die Schwangerschaft war unauffällig, jedoch wurde (im Nachhinein betrachtet), direkt mit und nach der Geburt deutlich, dass etwas anders ist.
Aller Anfang ist schwer:
Fiete wirkte von Anfang an körperlich schwach und konnte bspw. nicht laut schreien, benötigte viel Unterstützung beim gestillt werden etc. Von den Hebammen und Kinderärzten wurde es anfänglich für „normal“ angesehen und als „Nebenwirkung“ der beschwerlichen Geburt geschoben.
Aus heutiger Perspektive betrachtet, war die körperliche / motorische Schwäche aber so gravierend und anders, als bei anderen Kindern, dass bereits in den ersten Tagen nach der Geburt klar war, dass muskulär etwas nicht so läuft wie geplant.
Motorische Meilensteine wie: Arme anheben, den Kopf drehen, den Kopf eigenständig halten, den Körper drehen, in den Stütz gehen, sich hinsetzten / aufrichten, laufen lernen etc. sind alle nicht erreicht worden.
Im Alter von drei Monaten wurden wir dann „Hals über Kopf“ in ein Kinderkrankenhaus eingewiesen worden, damit eine Diagnostische Abklärung erfolgen konnte.
Hier verblüffte Fiete mit seiner Symptomatologie die gesammelte Ärzteschaft, die offenkundig ratlos war, – er erhielt zwei Verdachtsdiagnosen: Morbus Pompe und Curschmann Steinert. Außerdem sei es fraglich, ob Fiete sein erstes Lebensjahr überhaupt erreichen würde – der Schock war groß und das Fachrepertoir der Klinik erschöpft.
Das weitere Procedere sah im Alter von 6 Monaten eine Blutdiagnostik im UKE vor, welches durch den kompetenten und umfassenden Blick der dortigen Ärztin begleitet wurde. Im Alter von 8 Monaten wurde durch die Laboranalyse des Blutes (Genetische Untersuchung) die Diagnose: Lama2 gestellt.
Wie ging es weiter?
Nachdem sich der Wirbel um die Diagnose in unserem Alltag etwas gelegt hatte, begann die Recherche nach einem Netzwerk / Therapie. Schnell war klar: ein deutsches Netzwerk an Diagnosepartner*innen existiert nicht. Anders ist es in den Niederlanden, wo „Stichting Voor Sara“ bereits 2019 viele Patienten*innen, Wissenschaftler*innen und Forschende auf internationaler Ebene in einer gemeinsamen Konferenz zusammengebracht hat. Hier gab es quasi einen „Crashkurs“ kurz nach unserer Diagnosestellung im Hinblick darauf, wie breit gefächert diese Erkrankung auftreten kann, welche unterschiedlichen Therapieansätze momentan global erforscht werden und wie dort der Stand der Dinge ist.
Die Suche nach einer adäquaten therapeutischen Anbindung, sowie die Hilfsmittelversorgung (bis dahin eine unbekannte Begrifflichkeit für uns) stellte die zweite Herausforderung.
Hier sind wir nach Eigenrecherche auf ein Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) gestoßen. Neben der Frühförderung findet hier auch eine ärztliche Versorgung im Hinblick auf Hilfsmittel, sowie der entsprechende Kontakt zu den Sanitätshäusern statt. Wir wurden u.a. mit Fragen/ Themen konfrontiert:
- Therapiestuhl, Rehakarre, Stehtrainer, Cough Assist, Komplexheit der Elektrischen Rollstuhlversorgung – woher bekommen wir das und was ist das überhaupt?
- Wie gehen wir mit Ablehnungsschreiben seitens der Krankenkasse um?
- Suche nach einem geeigneten Sanitätshaus für Kinder
Im Alter ca. 16 Monaten konnte Fiete dann endlich das erste Mal adäquat, in einem für ihn angepassten Therapiestuhl / Rehakarre sitzen, ohne dass wir selber an herkömmlichen duckten rumbasteln mussten, um eine für Fiete halbwegs gute Sitzposition zu erschaffen.
Viel Erreicht:
Im Alter von ca. zwei Jahren wurde der Pflegegrad und „Grad der Behinderung“ festgestellt. Das Resultat an sich kein Grund zum Feiern – nach unserem Weg durch die Instanzen aber durchaus eine Errungenschaft, die den weiteren administrativen Weg etwas ebnen sollte.
In der Zwischenzeit haben wir uns der DGM (Deutsche Gesellschaft für Muskelerkrankungen) und anderen Vereinen für Menschen mit Handicap angeschlossen, sind auf den tollen Internetauftritt von Finifuchs aufmerksam geworden (Komplexe Auflistung von Hilfsmitteln) und haben die ersten Kontakte zu anderen betroffenen Familien herstellen können.
Im Alter von fast 5 Jahren haben wir nach wirklich langer Suche und über 20 Ablehnungen einen passenden Kita Platz mit Integrationsstatus finden können. Die Suche nach einer passenden Schule war ebenfalls ein unglaublicher Angang – aber schlussendlich haben wir einen positiven Ausblick.
Worauf müssen wir Acht geben?
Für Fiete ist im Zusammenhang mit seiner Diagnose auf einige Besonderheiten zu achten.
Wir sind regelmäßig und geplant mit stationären Aufenthalten beschäftigt: z.B. Schlaflabor und Untersuchungen wie EEG, EKG, Herz Ultraschall, Sonografie etc. Fiete muss mehrfach am Tag einen Lagerungswechsel und soll trotz Unterstützung durch ein Korsett nicht lange sitzen.
Im Zusammenhang mit Erkältungen müssen wir sehr vorsichtig sein, eine vollumfängliche Impfung mit saisonaler Grippeimpfung ist wichtig und der Kontakt zu erkälteten Menschen sollte vermeiden werden. Im Falle einer Erkältung muss Fiete häufig inhalieren etc. und von uns darauf geachtet werden, dass sich kein Schleim festsetzt. Erst nach Vollgenesung kann er zurück in die Kita, um Folgeinfekte möglichst gering zu halten.
Dankbarkeit und ein großer Wunsch:
Der persönliche Umgang in der Familie mit Fiete ist trotz Diagnosestellung dankbarer Weise stabil geblieben, bzw. es ist ein noch engerer Zusammenhalt entstanden. Wir haben das Glück, sehr viel Unterstützung durch die Großeltern und Onkel zu bekommen – emotional, als auch in der Betreuung von Fiete. Wir haben tolle Freunde (auch die Erstellung der Lama2 Homepage ist Freunden zu verdanken!), liebevolle Begegnungen und ein tolles Netzwerk.
Fiete ist ein kluges Köpfchen, wissbegierig und hat Spaß am Leben. Seit einiger Zeit äußert Fiete den Wunsch laufen zu können. Diesen Wunsch möchten wir ihm nicht nehmen, versuchen einen realistischen Umgang damit zu finden und geben unsere Hoffnung als Familie nicht auf, dass es eines Tages eine erfolgreiche Therapie geben wird.








